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Rechtsverfolgung in Zivilsachen und bei Forderungen

Artikel

Die Republik Kroatien ist seit 01. Juli 2013 Mitglied der EU. Damit sind auch für Kroatien die einschlägigen EU-Verordnungen Eckpfeiler der gerichtlichen Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union geworden.

Allgemeine rechtliche Grundlagen

Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen aus EU-Mitgliedsstaaten

a) Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - Verordnung (EG) Nr. 44/2001

Die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO/Brüssel I) ist nur noch einschlägig für Verfahren, die zwischen dem 02.07.2013 und dem 09.01.2015 eingeleitet wurden.
Für Verfahren nach diesem Datum gilt nur noch die folgende EU-VO:

b) Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - Verordnung (EU) Nr. 1215/2012

Die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen soll den Zugang zum Recht erleichtern, indem Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und eine rasche und unkomplizierte Anerkennung und Vollstreckung von in den Mitgliedstaaten getroffenen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen eingeführt werden.

In der Verordnung ist festgelegt, welche Gerichte in welchen Mitgliedstaaten für Rechtsstreitigkeiten in Zivil- und Handelssachen mit internationalem Bezug zuständig sind. Nach der Verordnung werden darüber hinaus die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.

Eine in einem Mitgliedstaat ergangene und in diesem Staat vollstreckbare Entscheidung wird in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf.

c) Die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 über den Europäischen Vollstreckungstitel vom 21.10.2005 sieht in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union – mit Ausnahme von Dänemark – einen europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Geldforderungen in Zivil- und Handelssachen vor. Dadurch werden unter gewissen Bedingungen, die vor allem die Zustellung im Falle eines Versäumnisurteils betreffen, alle bislang erforderlichen Kontrollen und Zwischenmaßnahmen im Mitgliedstaat, in dem die Vollstreckung durchgeführt werden soll, für Entscheidungen aus einem anderen Mitgliedstaat abgeschafft, die über Forderungen ergangen sind, deren Art oder Umfang der Schuldner erwiesenermaßen nicht bestritten hat.

Diese Vorgehensweise soll Gläubigern insofern einen spürbaren Vorteil bringen, als sie im Ausland eine zügige, effiziente Vollstreckung betreiben können, ohne die Gerichtsbarkeit des Vollstreckungsmitgliedstaats mit den daraus entstehenden Verzögerungen und Kosten in Anspruch nehmen zu müssen.

Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen

Durch die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates soll die Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen, die in einem anderen Mitgliedstaat zugestellt werden sollen, zwischen den Mitgliedstaaten verbessert und beschleunigt werden.

Hinsichtlich Art. 13 der EG-Zustellungsverordnung hat Kroatien Zustellungen durch deutsche diplomatische oder konsularische Vertretungen widersprochen, sofern sich die Zustellung nicht an deutsche Staatsangehörige richtet.

Nach Art. 15 der EG-Zustellungsverordnung lässt Kroatien keine unmittelbare Zustellung zu.
Die Zentralstelle gemäß Artikel 3 der Verordnung ist das kroatische Justizministerium.

Beweisaufnahme

Die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Bereich der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen zielt auf die Verbesserung, Vereinfachung und Beschleunigung der Zusammenarbeit zwischen Gerichten zur Durchführung der Beweisaufnahme ab.

Europäische Verfahren zur Geltendmachung von Forderungen

a) Europäischer Zahlungsbefehl (Verordnung (EG) Nr. 1896/2006)

Die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens ermöglicht Gläubigern die Beitreibung unbestrittener Forderungen in Zivil- und Handelssachen nach einem einheitlichen Verfahren auf der Grundlage von Formblättern. Bei diesem Verfahren ist keine Anwesenheit bei Gericht erforderlich. Der Antragsteller muss nur seinen Antrag einreichen, und das Verfahren geht ohne weiteres Zutun des Antragstellers seinen Gang.

b) Geringfügige Forderungen (Verordnung (EG) Nr. 861/2007)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 wird ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen in Zivil- und Handelssachen eingeführt, deren Streitwert unter 2000 Euro liegt.

Kroatien ist Vertragsstaat des Haager Übereinkommens über den Zivilprozess vom 01.03.1954 sowie des Haager Übereinkommens vom 15.11.1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen.

Beide Übereinkommen haben im deutsch-kroatischen Verhältnis aber kaum noch praktische Bedeutung, da sie im Bereich der Zustellungen und der Beweisaufnahme seit Kroatiens EU-Beitritt von den jeweiligen obengenannten EU-Verordnungen abgelöst wurden.

Bilaterale Rechtshilfeverträge mit Kroatien bestehen nicht.

Geltendmachung von Forderungen

Für deutsche Gläubiger besteht die Möglichkeit, ihre Forderungen gegen Schuldner, die ihren Wohnsitz in Kroatien haben, sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich geltend zu machen. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Forderungen, die noch offen sind und für die deutsche Gläubiger noch keinen Titel besitzen.

I. Außergerichtliche Einziehung von Forderungen

Vollstreckungsverfahren über einen kroatischen Notar
In Kroatien besteht die Möglichkeit, eine unstreitige Forderung über einen kroatischen Notar geltend zu machen, in dessen Amtsbezirk der Schuldner wohnhaft ist. Hierbei wird empfohlen, die Hilfe eines kroatischen Rechtsanwaltes in Anspruch zu nehmen. Als Forderungsnachweis ist eine „glaubwürdige Urkunde“ erforderlich. Dies kann eine unbeglichene Rechnung sein, u.U. auch Kontoauszüge, o.ä. Mit der Zustellung des notariellen Vollstreckungsbescheids beginnt eine achttägige Frist zu laufen, innerhalb derer der Schuldner Widerspruch einlegen kann. Unterlässt er dies, so kann aus dem Mahnbescheid mit der Vollstreckung begonnen werden. Eine Geldforderung wird dann, ohne Einschaltung eines Gerichts, direkt über die in Kroatien zuständige Behörde (Finanzagentur, abgekürzt: FINA) geltend gemacht. Legt der Schuldner allerdings Widerspruch ein, eröffnet sich das streitige Verfahren (siehe unter II.).

II. Einzug von Forderungen im Klageweg

Sachlich zuständig ist in erster Instanz das jeweilige kroatische Gemeindegericht („Općinski sud“). Die sachliche Zuständigkeit der Gemeindegerichte besteht, anders als in Deutschland, unabhängig von der Höhe des Streitwertes. Für Handelssachen ist in Kroatien das jeweilige Handelsgericht („Trgovački sud“) zuständig. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich in der Regel nach dem Wohnsitz der in Kroatien beteiligten Partei. Anwaltszwang besteht in den unteren Instanzen nicht. Eine umfassende Rechtsberatung und –vertretung in solchen Verfahren kann nur durch Beauftragung eines kroatischen Rechtsanwaltes sichergestellt werden.

Anerkennung und Vollstreckung deutscher Gerichtsentscheidungen

I. Allgemeines

Gerichtsentscheidungen entfalten ihre Wirkung zunächst nur innerhalb der Grenzen des Landes, in dem das Urteil ergangen ist. Für die Vollstreckbarkeit von Gerichtsentscheidungen im Ausland aufgrund einer inländischen Entscheidung ist demnach die Anerkennung durch den anderen Staat erforderlich.
Die eingangs genannten EU-Verordnungen eröffnen die Möglichkeit, deutsche gerichtliche Entscheidungen auch in Kroatien ohne Anerkennungs- und Prüfungsverfahren vollstrecken zu lassen.
Zuständig für die Vollstreckung ist das kroatische Amtsgericht am Wohnsitz des Schuldners.

Ähnlich wie in Deutschland ist auch in Kroatien der Gerichtsvollzieher das funktionell zuständige Organ für die eigentliche Zwangsvollstreckung. Anwaltszwang besteht auch bei Vollstreckungsanträgen grundsätzlich nicht. Die Zwangsvollstreckung in Geldmitteln erfolgt durch die kroatische Finanzagentur (FINA)
Die Zentrale der FINA befindet sich in Zagreb. Ihre englischsprachige Website ist für allgemeine Informationen unter der Adresse https://www.fina.hr/eng abrufbar. E-Mail-Kontakt lautet: info(at)fina.hr.

Nachdem ihr ein entsprechender Vollstreckungstitel zugestellt wurde, kann sie Banken, bei denen der Schuldner ein Guthaben hat, Vollstreckungsaufträge erteilen. Welche Banken dies im Einzelnen sind, kann die Finanzagentur anhand eines von ihr geführten Registers ermitteln, das über die sog. persönliche Identifikationsnummer des Schuldners (OIB) alle bestehenden Konten auflistet.

II. Anwaltskosten

Anwaltskosten sind im Anwaltstarif der Republik Kroatien geregelt. Die Höhe der Gebühr wird nach dem zugrunde liegenden Streitwert ermittelt. Ist dieser unbestimmt, enthält der Anwaltstarif konkrete Angaben. Grundsätzlich wird das Honorar nach der durchgeführten Tätigkeit berechnet. Für bestimmte Verfahren wird eine einheitliche Gebühr nach Punktwerten festgesetzt.

Im Einzelfall kann es vorteilhafter sein, Anwaltskosten frei zu vereinbaren.

Bei ausländischen Mandanten können gemäß Anwaltstarif auch die ausländischen Bestimmungen über Anwaltskosten zugrunde gelegt werden.

III. Sonstige Hinweise

In der Praxis nehmen in Kroatien eingeleitete zivilrechtliche Verfahren noch immer sehr lange Zeit in Anspruch. Eine Verfahrensdauer von mehreren Jahren ist eher die Regel als die Ausnahme.

Auf konkrete Verfahrensdarstellungen sowie detaillierte Informationen zu vorzulegenden Unterlagen wird an dieser Stelle verzichtet, um den allgemeinen und breiten Informationscharakter dieses Merkblattes zu erhalten.

Alle Angaben beruhen auf den Erkenntnissen und Erfahrungen der Botschaft zum Zeitpunkt der Abfassung. Für die Vollständigkeit und Richtigkeit, insbesondere wegen zwischenzeitlich eingetretener Veränderungen, kann keine Gewähr übernommen werden.

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